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Pech gehabt

 

Hast du Scheiße am Fuß, hast du Scheiße am Fuß (Andi Brehme 1996)

 

Das ganze Internet ist voll von bunten Vanlife-Blogartikeln über traumhafte Touren an menschenleere Strände.
Jeder von uns weiß, dass es manchmal anders kommt (erst recht mit Kindern und/oder alten Autos und/oder Tieren), nur geschrieben wird darüber fast nie.
Diese kleine Geschichte soll das ändern. Ohne Euch Angst machen oder auch nur warnen zu wollen.
Sie soll einfach bloß zeigen, dass man manchmal einfach kein Glück hat. Und selten dann auch noch etwas Pech hinzukommt. Es ist also eine Geschichte aus einem ganz normalen Leben.

Angespornt von unserer unglaublich schönen Elternzeit auf Korsika (siehe auch hier) war der Wunsch geboren, zusammen mit Jonne erneut auf die Insel zu fahren. Idealer Weise zur Macha-Blüte für insgesamt fast 4 Wochen Jahresurlaub.

Geplant war ,in Lübeck zu starten, ein paar Tage in Bamberg bei Annikas Familie zu entspannen und dann in einem Rutsch weiter bis nach Livorno zu fahren.

Unser Auto haben wir im Regen gepackt und weil Jonne zu der Zeit nicht so der begeisterte Beifahrer war, hatten wir den Plan nachts um 3 loszufahren. So sollte Jonne möglichst viel von der Strecke verschlafen. Entgegen unserer sonstigen Gewohnheit sind wir sogar fast pünktlich losgekommen. Nur leider hatte Jonne schon ab 4.00 morgens keine Lust mehr zu schlafen - ganz im Gegensatz zum einzigen Fahrer.

Gegen Mittag waren wir im schönen Franken angekommen in wollten noch ein paar kleinere Besorgungen erledigen. Jonne sollte in der Zwischenzeit von seiner Tante auf dem Spielplatz bespaßt werden.

Und das Unheil nahm seinen Lauf.

Unterwegs hörten wir ein ziemlich ungutes Geräusch aus Richtung der Kupplung bzw. des Getriebes, dass sehr schnell lauter wurde. Schnell war klar: wir müssen in die Werkstatt.

 

 

 

Zurück bei der Familie dann die nächste Hiobsbotschaft: Jonne war beim Rutschen mit seinem Bein hängen geblieben und nun hatte er offensichtlich Schmerzen und zog es vor sich nur noch krabbelnd fortzubewegen.

Immerhin konnten wir nach endlosen Telefonaten eine Werkstatt finden, die sich gleich am nächsten Tag unser Auto anschauen wollten. Bei Jonnes Bein vertrauten wir darauf, dass schon alles nicht so schlimm sein würde.

Auf dem Weg zur Werkstatt entwickelte sich die nächste Katastrophe. Direkt vor dem Bamberger Bahnhof gab es einen Schlag und es drehte sich nichts mehr. Nach einer Stunde warten auf den ACE ging es dann eben Huckepack weiter. 

Geschafft von einem viel zu langen Tag mit viel zu wenig Schlaf sollte es jedoch auch keine lange Nacht werden: Jonne bekam mehrere Zähne gleichzeitig und brüllte gefühlt die halbe Nacht. 

Es konnte ja eigentlich nur besser werden.

Oder auch nicht.

Trotz Versprechungen melde sich die Werkstatt am nächsten Tag nicht und auch Jonne bewegte sich weiterhin nur auf allen Vieren.

Nach einer weiteren, für Jonne schmerzhaften Nacht, melde sich die Werkstatt immer noch nicht, erst auf meinen Anruf hin wurde uns klar, dass

1. Die Urlaubskasse erheblich schrumpfen würde 

2. Wir zwei weitere Tage in Bamberg feststecken 

Es hatte sich die komplette Kupplung verabschiedet und Ersatzteile waren wegen des Maifeiertages nicht so schnell zu bekommen.

Mit dieser Gewissheit konnten wir immerhin das Wetter auf Bambergs Bierkellern einigermaßen genießen. 

Nach zwei Tagen dann ein kleines Déjà-vu: Jonne hatte immer noch Zahnschmerzen, dem Bein ging es nur wenig besser und die Werkstatt meldete sich schon wieder nicht.

 

Erst am nächsten Tag dann die erlösende Nachricht: das Auto würde heute noch fertig werden (Überraschung: wurde es erst einen Tag später) und wir freuten uns darauf endlich losfahren zu können.

 

Nach einer weiteren lauten Nacht packten wir ungeduldig unsere Sachen und fuhren los gen Süden. Zwischenzeitlich hatten wir unsere Pläne schon angepasst: so sollte es erstmal nur bis zum Chiemsee gehen und dann wollten wir in aller Ruhe mehrere Optionen diskutieren:

1. Wie ursprünglich geplant weiter nach Korsika

2. Weiter nach Kroatien 

3. Weiter nach Italien 

Option 2 und 3 zogen wir vor allem deswegen in Betracht, weil inzwischen eine ganze Menge Zeit verloren war und wir uns nicht noch mehr als nötig stressen wollten. Lieber eine entspannte Zeit am Meer verbringen als sich auf der Autobahn auf dem Weg zum vermeintlichen Traumziel zu hetzen.

 

Am Ende unseres Trips - und das war schon kurz hinter Nürnberg - fiel die Wahl auf Option 4: Totaler Abbruch, ab nach Hause.
Schon seit unserer Abfahrt aus Bamberg schrie Jonne fast ununterbrochen und auch der Schmerzsaft half nicht. Die wachsenden Zähne ließen ihm und uns keine Ruhe.
Für uns war schon immer klar, dass jede unserer Touren allen Beteiligten Spass machen soll. Und davon waren wir im Moment meilenweit entfernt. Mal ganz abgesehen von den anderen Campern auf Camping- oder Stellplätzen die Jonne in diesem Zustand wach halten würde. Entspannung war unter diesen Umständen nicht in Sicht und deswegen die radikale und auch im Nachhinein richtige Entscheidung: Es hat nicht sollen sein. Ab nach Hause, Mund abwichen, überlegen wie es weiter gehen soll.

Fazit:
Auch mit über einem Jahr Abstand betrachtet haben wir die richtige Entscheidung getroffen. Unser Glück war, dass ich meinen Jahresurlaub einfach verschieben konnte und schon am nächsten Montag wieder im Büro saß.
Aufgeschoben ist bekanntlich nicht aufgehoben. Bis nach Korsika haben wir es in dem Jahr zwar nicht mehr geschafft, stattdessen aber durften wir drei perfekte Wochen in Dänemark und Schweden verbringen.
Jonnes Zähne haben sich nach einigen Tagen wieder beruhigt gehabt, sein Bein jedoch war etwas schwerer verletzt und bekam sogar für eine Woche einen Gips.
Was bleibt ist das schlechte Gewissen nicht schon früher beim Arzt gewesen zu sein (geändert hätte es jedoch nichts).
Auch in Zukunft werden wir uns bemühen nicht auf Krampf unsere Pläne durchzuziehen und lieber flexibel zu bleiben - und vielleicht schon etwas früher die Notbremse ziehen.

Auch wenn all die Hochglanz-Reiseberichte anderes suggerieren: Manchmal kommt es nun mal anders als gedacht, wir können nicht immer alles Vorplanen und für jede Eventualität einen Plan B haben. Manchmal, aber zum Glück nur sehr selten, läuft es eben scheiße und dann kann im Abbruch auch eine großartige Chance liegen. So ein grandioses Wetter wie wir am Ende in Schweden hatten, wird es wahrscheinlich so schnell auch nicht wieder geben.

 

 

Tipps:
Außer Bamberg nicht viel gesehen. Aber dort solltet ihr diese beiden Bierkeller auf keinen Fall verpassen:
Wilde Rose Keller
Spezial Keller
Beide Keller liegen praktischer Weise direkt nebeneinander.
Den besseren Blick auf Bamberg habt ihr vom Spezial, etwas familiärer ist die Wilde Rose. Dort ist es auch völlig normal seine Brotzeit und Bierkrug selbst mitzubringen.

 

Klein Venedig mit seinen Fischerhäuschen ist immer einen Besuch wert!